Hinweisgeberschutzgesetz
Bereits am 16.12.2019 ist die sog. „Whistleblower-Richtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/1937 des europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) in Kraft getreten. Die EU-Mitgliedstaaten hätten die dort enthaltenen Vorgaben bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umsetzen müssen. Da dies in Deutschland nicht erfolgte, leitete die EU-Kommission im Februar ein Vertragsverletzungsverfahren ein. In Deutschland war das Gesetzgebungsverfahren vorerst zum Stillstand gekommen war. Ein vom Justizministerium Ende 2020 vorgelegter Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes wurde von der Regierung zurückgewiesen, da die Richtlinie überschießend umgesetzt werden sollte. Am 05.04.2022 nun hat Bundesjustizminister Buschmann einen neuen Gesetzesentwurf zum HinSchG vorgelegt.
Der Entwurf enthält 42 Paragraphen und sieht eine verpflichtende Einführung von internen Meldekanälen in Unternehmen und öffentlichen Stellen ab einer Größe von 50 Mitarbeitern vor. Aufgabe der internen Meldestelle ist es, die Meldungen entgegenzunehmen, geeignete Folgemaßnahmen zu treffen und innerhalb von 7 Tagen den Eingang der Meldung zu bestätigen und innerhalb von 3 Monaten den Meldenden über die ergriffenen Maßnahmen informieren. Kleinere Unternehmen (mit bis zu 249 Beschäftigten) haben eine verlängerte Frist zur Umsetzung (bis zum 17.12.2023) und die Möglichkeit eine gemeinsame Meldestelle mit mehreren Unternehmen zu gründen.
In Deutschland gelten bislang nur einzelne Schutzvorschriften, insbesondere sektorspezifische Hinweisgebersysteme (im Finanzdienstleistungsaufsichtssektor, im Kreditwesensektor, nach dem Geldwäschegesetz) und allgemeine arbeitnehmerschützende Vorschriften (das Maßregelungsverbot, das außerbetriebliche und betriebliche Beschwerderecht). Zudem existiert seit 26.04.2019 das Geschäftsgeheimnisgesetz, welchen in § 5 Nr. 2 einen Erlaubnistatbestand für die Aufdeckung von Rechtsverstößen oder sonstigen Fehlverhalten enthält.
Künftig sollen daher sichere Informations- und Meldekanäle für Whistleblower zur Verfügung stehen. Es soll zum einen ein Ausgleich zwischen dem Interesse von Hinweisgebern, dem Interesse der Öffentlichkeit aber auch dem Interesse des Unternehmens geschaffen und der Whistleblower vor Sanktionen und Repressalien geschützt werden. Repressalien sind in diesem Zusammenhang nicht nur Kündigungen oder Mobbing sondern auch die Versagung einer Beförderung, was als Ordnungswidrigkeit geahndet werden wird. Interessant ist hierbei auch der geplante Schadensersatzanspruch nach dem HinSchG, und eine geplante Beweislastumkehr. Dh. wenn eine hinweisgebende Person nach einer Meldung oder Offenlegung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet, wird vermutet, dass es sich um eine Repressalie handelt.
Aus Unternehmenssicht ist es gerade mit Blick auf das Geschäftsgeheimnisgesetz und der Ausnahmeregelung für Hinweisgeber besonders wichtig, funktionierende und wirksame interne Meldekanäle für die eigenen Mitarbeiter einzurichten.
Die Schaffung eines internen Meldekanals bietet die Chance, dass ein Whistleblower, statt direkt Behörden zu involvieren oder an die Öffentlichkeit zu treten, zunächst intern Meldung erstattet. Damit können drohende Schäden durch mediale Veröffentlichungen abgewendet werden. Der interne Meldeweg muss nicht selbst vom Unternehmen betrieben werden, sondern kann auch an einen Dritten abgegeben werden, sofern dabei die Vertraulichkeit gewahrt wird. Die Bereitstellung eines Meldekanals durch einen Dritten, beispielsweise einen darauf spezialisierten Rechtsanwalt, sorgt für eine klare Abgrenzung zum Unternehmen selbst und garantiert eine verlässliche Gewährleistung der Vertraulichkeit.
Die Länder und Verbände können sich bis zum 11.05.22 zum neuen Gesetzesentwurf äußern. Ein Beschluss des Bundeskabinetts wird für Juni erwartet, ein Inkrafttreten des Gesetzes wohl im Herbst 2022. Wir werden Sie über Neuerungen selbstverständlich weiterhin unterrichten.