BGH Urteil I ZR 53/22- Rechtliches Gehör


Gewerblicher Rechtschutz / IP |

Sachverhalt:

Die Klägerin nahm die Beklagte 2019 wegen behaupteter unlauterer Produktnachahmung und Zeichenverletzung auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch.
Von der Klägerin wurden über ein internationales Franchisesystem sogenannte "Clever-Frame"-Module vertrieben. Diese sind ein aus Modulen zusammengesetztes Rahmensystem für die einfache und schnelle Errichtung von Messeständen. Hierzu ist eine Unionsbildmarke für das Unternehmen D eingetragen. Die Klägerin ist auf Grund eines Lizenzvertrags Nutzungsberechtigte an den Markenrechten und darf auch Rechte hieraus in eigenem Namen geltend machen.
D. schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein "Clever Frame International Franchise Agreement", in das die Klägerin später eintrat. Die Beklagte kündigte später diese Vereinbarung. Die Beklagte bot jedoch weiterhin modulare Messestände an.
Laut der Klägerin stelle dies eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung wegen unlauterer Nachahmung ihrer Produkte dar. Zudem stellt die Benutzung der Domain eine Verletzung der Klagemarke dar. Deshalb verlangt die Klägerin Unterlassung sowie Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung.
Unklar und für den BGH entscheidungsunerheblich war, ob das Ehepaar G als Hersteller der Produkte auftrat, oder nur im Hintergrund der Firmen tätig war. Hierzu kam es auch zu unterschiedlichen Ausführungen. Zunächst nahm das OLG nach Übereinstimmendem Vortrag an, dass die D. Herstellerin sei. Im Schriftsatz führte die Klägerin hingegen aus, dass auch das Ehepaar G Hersteller sein. Dies wird im Folgeschriftsatz der Beklagten bestritten. In der mündlichen Verhandlung stellte die Klägerin klar, dass das Ehepaar G stets im Hintergrund der verschiedenen Gesellschaften tätig seien, Hersteller im Rechtssinn immer die D. sei.
Das LG wies die Klage ab, da es die Klägerin für nicht anspruchsberechtigt hielt. Die Berufung hatte teilweise Erfolg, die Revision wurde nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

 

Entscheidung:

 

Der BGH hob das Urteil insoweit auf, als darin über den Unterlassungsantrag, die darauf bezogenen Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung und über den Zahlungsantrag zum Nachteil der Beklagten entschieden wurde.
Grund hierfür ist, dass das OLG mit seiner Beurteilung den Anspruch der Beklagten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebe sich, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen dürfe, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen wolle und aufgrund dessen eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich erachte.
Das Gericht müsse auf seine Rechtsauffassung hinweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnen, wenn es auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen wolle, den es anders beurteile als die Parteien und mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauche.
In dem vorliegenden Fall habe nicht damit gerechnet werden können, dass das Berufungsgericht abweichend von der landgerichtlichen Beurteilung davon ausgehen könne, die Klägerin habe hinreichenden Vortrag dazu gehalten, dass die D. im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG Herstellerin des streitgegenständlichen Modulsystems sei. Die sei eine bloße Behauptung, was nicht ausreiche, da es sich hierbei um einen Rechtsbegriff handele, dessen Subsumtion die Feststellung von tatsächlichen Umständen zu der Frage erfordere, wer die Verantwortung für den Fertigungsprozess trage und über das Inverkehrbringen des Produkts entscheide.