Digitale Barrierefreiheit auf Websites: neue Anforderungen für OnlineShops und Websites, die sich an Verbraucher richten
IT-Recht |
Ab dem 28. Juni 2025 sind viele Unternehmen durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtet die digitale Barrierefreiheit auf ihren Online-Shops und Websites umzusetzen. Doch was bedeutet das konkret?
Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick zu den neuen Anforderungen zur digitalen Barrierefreiheit und den notwendigen Änderungen geben.
Bereits am 22. Juli 2021 wurde mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) die europäische Richtlinie (EU) 2019/882 in Deutschland umgesetzt. Das BFSG bringt dabei wichtige Änderungen für Unternehmen mit sich, die digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten. Zukünftig müssen sie sicherstellen, dass ihre Angebote auch für Menschen mit Einschränkungen zugänglich sind. Ziel des Gesetzes ist es, die Teilhabe aller Menschen am digitalen Leben durch die neue digitale Barrierefreiheit zu gewährleisten.
Aber was genau müssen die betreffenden Unternehmen nun wissen und beachten?
Welche Unternehmen betrifft das neue BFSG?
Das BFSG verpflichtet Unternehmen bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten, sodass allen Verbrauchern ein gleichberechtigter Zugang zu ihren Produkten ermöglicht wird. Das Gesetz verpflichtet grundsätzlich Hersteller, Händler und Dienstleister. Ausgenommen sind nur Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, mit weniger als zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von maximal 2 Millionen Euro.
Wichtigster Punkt ist, dass sich die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher richten. Rein geschäftliche Beziehungen und Angebote zwischen zwei Unternehmen (B2B) sind vom BFSG nicht betroffen.
Welche Produkte und Dienstleistungen müssen zukünftig barrierefrei sein?
Das Gesetz nennt eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen die zukünftig die Anforderungen des BFSG erfüllen müssen.
Produkte:
• Computer, Tablets, Smartphones
• Geld- und Fahrscheinautomaten
• Fernseher mit Internetzugang
• E-Book-Lesegeräte
• Router
Dienstleistungen:
• Telefondienste und Messenger-Dienste
• Bankdienstleistungen und Online-Banking
• E-Books und Dienste auf Mobilgeräten im öffentlichen Verkehr
• Elektronischer Geschäftsverkehr (E-Commerce) und Personenbeförderungsdienste
Websites und Online-Shops über welche Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, sind zwar nicht explizit genannt, fallen aber unter den Begriff „Elektronischer Geschäftsverkehr“ sowie „E-Commerce“ und müssen daher zweifelsfrei eine barrierefreie Zugänglichkeit gewährleisten.
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit auf Websites überhaupt?
Auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen sollen eine Website gleichermaßen einfach nutzen können wie alle anderen Nutzer. Die digitale Barrierefreiheit soll es daher ermöglichen, dass z.B. Menschen mit einer Sehbehinderung Texte oder Formularfelder einfach lesen können. Gehörlosen und schwerhörigen Menschen soll die Nutzung von Videos durch Untertitel erleichtert werden. Und blinde Menschen können eine Website leichter nutzen, wenn Bilder, Formulare und Buttons textlich beschrieben sind, sodass ein Screenreader diese vorlesen kann.
Müssen alle Websites generell die Anforderungen aus dem BFSG erfüllen?
Websites fallen nur dann unter das BFSG, wenn das jeweilige Unternehmen darüber eine „Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr“ anbietet. Darunter versteht man z. B. die Möglichkeit einen Vertrag online abzuschließen oder die Erbringung von Bankdienstleistungen. Das BFSG ist also speziell für Angebote und Dienstleistungen aus den Bereichen Online-Banking, E-Commerce und ähnliche Funktionen oder Angeboten relevant.
Wie sieht digitale Barrierefreiheit auf Websites konkret aus?
Um eine Website barrierefrei zu gestalten, müssen oftmals eine Vielzahl von Elementen so angepasst werden, dass die Lese- und Sichtbarkeit von Schriften verbessert und die Nutzbarkeit von Schaltflächen vereinfacht wird, sodass auch Menschen mit Behinderung alle Teile einer Website leicht nutzen können. Insbesondere folgende Punkte sind dabei relevant:
- Ausreichender Kontrast zwischen Text und Hintergrund: Bestimmte oder geringe Farbkontraste können für Menschen mit Sehschwierigkeiten (z.B. Rot-Grün-Schwäche) schwer erkennbar sein. Ein hoher Kontrast erleichtert die Lesbarkeit und die mobile Nutzbarkeit.
- Links und Schaltflächen über die Tastatur bedienbar machen: Alle interaktiven Elemente, wie Links und Buttons, sollten über die Tabulatortaste nutzbar sein. So können auch Nutzer ohne eine Maus die Website navigieren.
- Screenreader-Kompatibilität: Für Menschen mit Sehbehinderung kann die Nutzung eines Screenreaders essenziell für die Zugänglichkeit einer Website sein. Verwenden Sie daher alternative Texte (ALT-Text) als Ersatz für Bilder und vermitteln Sie mit den Bildbeschreibungen die gleichen Informationen. Verwenden Sie bei Überschriften eine klare Struktur (H1-H6 für Überschriften), damit ein Screenreader alle Inhalte korrekt erfassen und wiedergeben kann. Vermeiden Sie zudem PDF-Dokumente, deren Texte nicht erkannt und deshalb nicht vorgelesen werden können. Dies hilft übrigens nicht nur blinden Nutzern, sondern trägt auch zur Suchmaschinenoptimierung (SEO) bei.
- Einfache und verständliche Sprache: Klare Sprache ist ein Schlüssel für eine zugängliche Website. Kurze Sätze und die Vermeidung komplexer Fachbegriffe helfen, die Inhalte auch für Menschen mit eingeschränkter Lesekompetenz zugänglich zu machen. Können Sie auf einen Fachbegriff nicht verzichten, dann erklären Sie diesen mit einfachen Worten.
- Barrierefreie Formulare: Alle Formulare (z.B. Kontakt- oder Bestellformulare) sollten gut strukturiert, die Felder klar beschriftet und einfach zu bedienen sein. Dadurch können alle Nutzer die Informationen schnell und einfach erfassen.
Zuletzt haben Unternehmen aufgrund des BFSG weitere Informations- und Auskunftspflichten. So müssen sie z.B. in deutlich wahrnehmbarer Weise auf der Website darüber informieren, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen und wie die Gestaltung und die Durchführung einer digitalen Dienstleistung abläuft.
Welche Anforderungen zur digitalen Barrierefreiheit müssen Online-Shops zusätzlich erfüllen?
Bei Online-Shops muss zusätzlich sichergestellt werden, dass wichtige Funktionen wie die Authentifizierung, die Zahlungsprozesse und die Identifizierung so gestaltet sind, dass sie für alle Nutzer leicht zugänglich und bedienbar sind. Insbesondere sind folgende Anforderungen relevant:
- Produktinformationen: Informationen zu den angebotenen Produkten und Dienstleistungen müssen in zugänglicher Form bereitgestellt werden.
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Benutzerführung: Authentifizierungs- und Zahlungsfunktionen müssen für Menschen mit Behinderungen bedienbar, wahrnehmbar und robust sein.
Welche Konsequenzen haben Unternehmen zu befürchten, wenn eine Website bis zum 28. Juni 2025 nicht barrierefrei ist?
Das BFSG überträgt die Kontrolle und Umsetzung der Barrierefreiheit im Internet den sog. Marktüberwachungsbehörden. Diese überwachen und prüfen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften auf Websites. Stellen Sie einen Verstoß fest, können Sie die Anpassung verlangen und bei schwereren Verstößen sogar Bußgelder von bis zu 100.000 € verhängen.
Zudem kann ein Verstoß gegen das BFSG wegen einer Verletzung des Wettbewerbsrechts von einem anderen Marktteilnehmer abgemahnt werden.
Unternehmen sollten also ein großes Interesse daran haben die neuen Regelungen des BFSG frühzeitig umzusetzen, nicht nur um einen Rechtsverstoß zu vermeiden, sondern auch um die digitale Barrierefreiheit für alle zu ermöglichen.