Urheberrechtsverletzung durch gewerbliche öffentliche Zugänglichmachung eines geschützten Lichtbildes –Fototapete-


Medienrecht |

Keine wirksame Lizenz durch Kauf, kein unwesentliches Beiwerk
Landgericht Köln 14 O 350/21 (rechtskräftiges Anerkenntnisurteil)

 

Das Landgericht Köln entschied am 18.08.2022 einen interessanten Fall über die Haftung eines Hotelbetreibers, der Fotografien seiner Zimmer in einem Buchungsportal zeigte, auf denen auch eine zuvor gekaufte und angebrachte Fototapete zu sehen war.
Diese Tapete war mit einem großformatigen Bildwerk des klagenden Fotografen bedruckt.
Dieser habe durch den Verkauf der Tapete keine Online Rechte (insbesondere Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung §19a UrhG) eingeräumt.

 

Im Raum stehende Ansprüche

 

Die Ansprüche waren auf Unterlassung, Auskunft, sowie Schadens- und Aufwendungsersatz gerichtet und wurden durch das Anerkenntnis des in Anspruch genommenen Hotelbetreibers voll zugesprochen.

 

Aus rechtlicher Sicht lässt sich die rechtliche Begründung der Ansprüche, in Ansehung der Voraussetzungen des §19a UrhG (Öffentliche Zugänglichmachung) durchaus hören. Die Fototapete war laut Urteil prominent im Hintergrund der Bilder zu sehen und wurde damit auf dem Buchungsportal mit hoher Reichweite, einem neuen Publikum zum jederzeitigen Abruf bereitgestellt, welches auf diesem Portal zuvor keine Kenntnis von, oder Zugriffsmöglichkeit auf die Fotografie hatte.

 

Verteidigungsstrategie

 

Die Verteidigungsstrategie in diesem Fall stützte sich u.a. auf die Zweckübertragungslehre, die fehlende Schuldhaftigkeit der Urheberrechtsverletzung und die Maßstäbe der Schutzschranke des unwesentlichen Beiwerks iSv §57 UrhG.

 

Auslegung der Lizenzsituation

 

Nach den urheberrechtlichen Auslegungsregeln in Fällen mit unklarer Lizenzlage ist die Zweckübertragungslehre anzuwenden, die im Zweifel nur den absolut nötigen Mindeststandard an Rechten zuspricht. Vorliegend ging das Gericht hier sogar davon aus, dass dem Käufer der Tapete keinerlei Nutzungsrechte eingeräumt wurden, sondern dieser nur das reine Sacheigentum an der gekauften Tapete (Kaufpreis: 13,50€) erhielt. Auch aus dem gewerblichen Charakter des Kaufs der Tapete, seien keine Rückschlüsse auf eine enthaltene Lizenz für jegliche (Online) Nutzung der Tapete zulässig. Um diese hätte sich der Hotelbetreiber separat bemühen müssen.

 

Hier wäre spannend gewesen zu erfahren, ob diese Rechtsauslegung auch in höhergerichtlichen Entscheidungen gehalten hätte. Berücksichtigt man nämlich den Zweck der Verwertung der Rechte des Fotografen, der seine geschützten Werke auf Fototapeten zum Kauf anbietet, kann ohne weiteres auch das Gegenteil angenommen werden.

 

Der Fotograf weiß und wünscht, dass die Verwertung seiner Werke auf Fototapeten zur breiten Wahrnehmung und „Ausstellung“ seiner Werke gegenüber einer Vielzahl an Betrachtern führen. Insbesondere um dann noch mehr dieser Tapeten verkaufen zu können und mehr Lizenzgebühren zu erhalten.
Die Käufer bringen die Tapeten an ihren Wänden an, empfangen Besucher, dekorieren damit möglicherweise sogar von außen einsehbare Gebäudeflächen, etc. Durch die digitale Welt ist es zudem anzunehmen, dass diese Flächen fotografiert werden und im Internet Verwendung finden.

 

Zudem werden die Tapeten sowohl an Verbraucher, als auch an Gewerbetreibende abgegeben. Hier traf der Fotograf offensichtlich keine Vorkehrungen oder schränkte die Lizenz an den Tapetenhersteller entsprechend ein. Es kann also ohne weiteres angenommen werden, dass in dem Verkauf von Motivtapeten auch eine (Online) Rechteeinräumung für den jeweiligen Käufer enthalten war, da all die vorgenannten Punkte dem Urheber bewusst gewesen sein müssten und dieser möglicherweise sogar an der gesteigerten Reichweite ein monetäres Interesse hat.

 

Beurteilung unwesentliches Beiwerk

 

Hiernach läge zudem keine Urheberrechtsverletzung vor, wenn die Fototapete, bzw. das geschützte Motiv, aus Sicht des objektiven Betrachters unwesentlich wäre und in den Hintergrund geriete, sowie im Rahmen der Betrachtung des Bildes (Hotelzimmer), in dessen Verhältnis unwesentlich sei (Schrankenbestimmung §57 UrhG).

 

Dies wurde durch das Gericht in konsequenter Anwendung der prägenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH I ZR 177/13 –Möbelkatalog-) verneint, nahm das Bild (auf der Tapete) nach Ansicht der Kammer doch einen wesentlichen Teil des Bildhintergrundes ein und konnte (in Gegenüberstellung mit einem künstlich bearbeiteten weißen Hintergrund) nicht weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass dies einem Dritten aufgefallen wäre. So wurde die Tapete als stimmungsbildend für das Zimmer angesehen, was damit als zentrales Element des Fotos des Hotelzimmers, natürlich keine Qualifikation als unwesentlichen Beiwerk mehr zuließ.

 

In Bezug auf diesen Einzelfall einer Fototapete mit einem großen Motiv (Großformatiges Tulpenmotiv), sicherlich eine nachvollziehbare Argumentation.
Der Einzelfall wäre jedoch bei einer anders gestalteten Fototapete (zB. kleinformatige Motive die auf einem Foto nicht so deutlich zur Geltung kämen) möglicherweise anders zu beurteilen.

 

Strenge Schutzmaßstäbe, keine höchstrichterliche Überprüfung

 

Dieser Fall bestätigt einmal mehr die strengen Schutzmaßstäbe der Gesetzgebung und Rechtsprechung, zugunsten von Urhebern in Deutschland und der EU, jedoch auch die absolute Individualität solcher Einzelfallentscheidungen.

 

Zudem ist es bedauerlich, dass der Fall am LG mit einem Anerkenntnis endete und nicht die Gelegenheit bekam, durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beurteilt zu werden.

 

Insbesondere die genauere Ausarbeitung der Maßstäbe der Rechtsprechung zum unwesentlichen Beiwerk (ist eine Tapete tatsächlich prägend für ein Hotelzimmer, in dem es wohl hauptsächlich um die Ausstattung und den Komfort, nicht um die Wanddeko geht?), der Schuldhaftigkeit des Hotelbetreibers in diesem Fall (wie weit sind die strengen Pflichten zur vorherigen Klärung der Rechtekette vor Verwendung geschützter Werke hier auszulegen?), sowie die Beurteilung der Maßstäbe zur Zweckübertragungslehre bei kommerzieller Verwertung der Bilder durch Fotografen auf einer Fototapete (Wanddeko, Ausweitung auf Kaufhausartwork/Wand Tattoos denkbar), hätten der Rechtsfortbildung gut getan.